Wenn das Vertrauen verletzt wird
In der Welt erleben wir Verletzungen, medizinisch sprechen wir von Trauma1 (von altgriechisch τραύμα ‚Wunde‘) bei jeglicher Form der Verletzung der körperlichen Integrität, zum Beispiel bei einem stumpfen Bauchtrauma wenn ein Auto einen Fußgänger in Bauchhöhe rammt ohne eine äußerlich sichtbare Verletzung zu hinterlassen
In der Psychologie bedeutet ein Trauma enger gefasst:
„[…] ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde.“2
Traumata (die Mehrzahl von Trauma wird manchmal auch als "Traumen" bezeichnet) sind also Verletzungen, die Spuren hinterlassen.
Ob nun ein Mensch gut mit diesen Spuren leben kann und daran wächst (das heißt resilient ist oder ausreichend Resillienz3 besitzt), durch eine vorübergehende akute Belastungsreaktion4 mit zusätzlichen Dingen im Alltag belastet wird (zum Beispiel Flashbacks2 , Dissoziationen5 , und andere Symptome wie Panikattacken, Alpträume oder Schlafstörungen) oder eine Traumafolgestörung mit längerer Ausprägung erleidet (zum Beispiel eine Posttraumatische Belastungsstörung PTBS)) ist Gegenstand der Psychotraumatologie.
Was machen wir daraus?
Wir möchten uns mit dem Umgang und den Folgen beschäftigen, was können wir als Mitmenschen denn für jemanden tun, wenn wir den Verdacht oder die Bestätigung einer psychischen Traumatisierung haben?
Erst einmal ist es hilfreich zu verstehen, was genau in solchen Situationen passiert:
- Es bestand eine ausweglose Situation mit Ohnmachtsgefühl
- Lebensgefahr für das eigene Leben oder ein direktes Miterleben einer solchen Situation bei einer anderen Person oder sogar deren Tod.
- biologische Prozesse (Ausschüttung von Stresshormonen, vor allem Cortisol und Adrenalin, auch in scheinbar ungefährlichen stressarmen Situationen) laufen ab
- eine psychische Störung (Schlafstörungen, Flashbacks, Dissoziationen) besteht in direktem zeitlichen Zusammenhang mit dem Ereignis
- soziale Auswirkungen können folgen (Rückzug, Gewaltausbrüche gegenüber anderen, selbstverletzendes Verhalten)
Validieren
In unserem Alltag entsteht oft ein Unverständnis und Ungläubigkeit gegenüber den Schilderungen von Traumatisierten Menschen. Wer die Geschichten von Menschen hört, die erzählen was sie erlebt haben und dann bei einem anderen Zusammentreffen eine andere Geschichte hört, zweifelt an dem Wahrheitsgehalt. Diese Versionsunterschiede können allerdings bedingt sein, durch dissoziative Amnesie6 , das heißt durch eine Störung der Gedächtnisfunktion die besonders im Zusammenhang mit traumatischen Erlebnissen besteht. Außerdem möchten wir solche schlimmen Erfahrungen nicht selbst erleben, sie übersteigen in der Regel die Grenze unserer Mitgefühlsfähigkeit (Empathiefähigkeit). Es kann dann helfen, wenn wir dann rückmelden, dass wir es wertschätzen können, dass wir von diesem Ereignis erfahren. Wir können dann an Personen verweisen die sich professionell mit solchen Störungen und deren Behandlung beschäftigen. Wenn wir sagen können, dass uns das Geschilderte zu heftig erscheint und dennoch helfen möchten, ist dies ein riesiger Schritt zur Heilung. Judith Hermann beschreibt in ihrem Buch "Narben der Gewalt"7 eindrücklich, welche Probleme aus einer Ablehnung entstehen, wie sie viele traumatisierte Menschen immer wieder erleben wenn ihnen nicht geglaubt wird.
Unterstützen bei der Suche nach Hilfe
Wenn wir den Verdacht einer Traumatisierung haben, entweder aufgrund der Schilderung eines Mitmenschen, oder aufgrund von geschilderten oder miterlebten Symptomen, können wir in jedem Fall darauf verweisen, dass eine Kinder- und Jugendpsychiatrische Praxis oder eine Psychiatrische Praxis oder auch eine Psychotherapeutische Hilfe aufgesucht wird. Der Begriff "Trauma" wird inflationär verwendet in der Umgangssprache, und eine Diagnose kann nur nach gründlicher Untersuchung gestellt werden. Eine Behandlung braucht Zeit und viel Einsatz, der durch Laien alleine dann oft nicht zu bewältigen ist. Eine gute psychotherapeutische oder psychiatrische Praxis wird der betroffenen Person und Angehörigen oder andern Helfenden Unterstützung bieten, sowie die eigenen Kräfte stärken.
Weitere Literatur und Quellen
- Luise Reddemann u. a., Psychodynamisch Imaginative Traumatherapie - PITT Ein Mitgefühls- und Ressourcen-orientierter Ansatz in der Psychotraumatologie, 2021, https://elibrary.utb.de/doi/book/10.5555/9783608205015.
- Yecheskiel Cohen, Sibylle Drews, und Manfred Endres, Das traumatisierte Kind psychoanalytische Therapie im Kinderheim: mit dem Film „Die zweite Geburt“ (DVD), 2017.
- Judith Lewis Herman u. a., Die Narben der Gewalt traumatische Erfahrungen verstehen und überwinden, 2018.
- 1„Trauma (Medizin)“, in Wikipedia, 9. Mai 2021, https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Trauma_(Medizin)&oldid=21177….
- 2 a b „ICD-10-GM-2021 F43.- Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen - ICD10“, zugegriffen 5. August 2021, https://www.icd-code.de/suche/icd/code/F43.-.html?sp=SF43.
- 3„Resilienz (Psychologie)“, in Wikipedia, 5. August 2021, https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Resilienz_(Psychologie)&oldi….
- 4„Akute Belastungsreaktion“, in Wikipedia, 22. Juni 2021, https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Akute_Belastungsreaktion&old….
- 5„Flashback (Psychologie)“, in Wikipedia, 14. Juni 2021, https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Flashback_(Psychologie)&oldi….
- 6„Dissoziation (Psychologie)“, in Wikipedia, 7. Juli 2021, https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Dissoziation_(Psychologie)&o….
- 7Judith Lewis Herman u. a., Die Narben der Gewalt traumatische Erfahrungen verstehen und überwinden, 2018.